Samstag, 7. Juli 2012

Eine Frage der Perspektive

Manchmal, nein, eigentlich immer, muss man über Urteile und Vorurteile nachdenken und bereit sein, eigene Einschätzungen zu ergänzen und zu korrigieren. Und so geht es mir mit meiner an dieser Stelle mehrfach vorgetragenen Pauschalverurteilung von Sängercastings. Andreas Bringmann aus Rümpel hatte gestern seinen ersten Auftritt in der Castingshow „Popstars“. Was wäre, wenn er auf die Bekannten gehört hätte, die berichteten, dass sie enterbt würden, wenn sie zu einer Castingshow gehen würden? Aus seiner Sicht wäre es sicherlich die falsche Entscheidung gewesen. Denn er ist glücklich mit seiner Zeit in der Castingshow. Als ein Gegner dieser Formate, hörte ich mir seine Geschichten über die Popstars-Castings natürlich ganz genau an. Und mein Urteil, dass fast alle Teilnehmer dort naive Träumer sind, die mit einem möglichen Scheitern nicht klarkommen, mus überarbeitet werden. Denn Andreas sagte etwas, was ich unterstreichen möchte. „Für Leute wie mich, die kein Instrument spielen können, die keine Lieder schreiben können, aber gerne auf die Bühne wollen, ist das eine echt Chance.“ Vielleicht habe ich diese Klientel immer unterschätzt oder sogar vergessen. Für Sänger wie Andreas ist Popstars ein legitimer Schritt in der eigenen Sängerkarriere. Lustiger- und passenderweise traf ich mich gestern mit Max Buskohl in Hamburg. Der war 2007 mit großem Brimborium bei „Deutschland sucht den Superstar“ aus dem Halbfinale ausgestiegen, weil er sein Ding machen wollte und nicht das, was RTL und Dieter Bohlen sich unter Musik vorstellten. Und als wir uns darüber austauschten sagte er. „Wer Musiker sein will, der ist in diesen Formaten falsch. Aber es gibt die, die auf diese Musik und diese Bands stehen und für die ist das genau richtig. Daher habe ich nichts generell gegen diese Formate. Sie sind nur nicht für Musiker gemacht.“ Auch er habe es erst lernen müssen, dass es diese Leute gibt, die gar nicht explizit Musiker, sondern eher Performer von Bohlensongs sein wollen. Einig sind wir uns übrigens alle drei in einem Punkt. Unverantwortlich ist und bleibt es, wenn Schicksale und inszenierte Dramen für die Quote ausgeschlachtet werden. „Aber das sollte doch jetzt jeder wissen, der da mitmacht“, ergänzt Max.

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